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Der Lykische Weg
14. Tag Yayla Kuzdere - Camp 3 (23km)

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Ich wache im kurz vor 7 Uhr auf und habe sehr gut geschlafen. Schnell mache ich mich frisch und packe meine Sachen. Es regnet und ich erinnere mich, dass es nachts immer wieder mal auf Dach geprasselt hat. Ich trinke noch einen Tee, frühstücke aber nichts. Ich möchte so bald wie möglich starten. Die beiden bitten mich noch ein Foto zu machen und ich notiere mir ihren Namen und Adresse um es ihnen zu schicken. Auf meine Frage, wie viel ich zahlen muss, antwortet die Frau 20 YTL. Ich gebe ihr 25 YTL und bedanke mich noch einmal herzlich. Es gibt immer wieder Regenschauer und ich warte eine Pause ab um los zu laufen. Es ist mittlerweile 8.45 Uhr. Ich folge zunächst dem Weg durchs Dorf. Gleich nach einem Wegweiser geht es links bergan ins Dickicht.

Hier ist der Weg sehr schwer zu finden und so brauche ich eine Weile. Endlich gelange ich auf eine Forststrasse und folge dieser nach rechts. Im Prinzip bleibt man bis Geldeme auf dieser Strasse. Hin und wieder stelle ich mich unter einen Baum, wenn wieder ein Schauer über mich hereinbricht. Der Weg führt durch schönen lichten Wald und traumhafte Landschaft. Immer wieder geben die Bäume auch einen Blick auf die Flanke des Tahtalı Dağı frei und jetzt kann man leider auch recht gut sehen, wie die Bergstation der Seilbahn die Gipfelregion verschandelt. Irgendwann merke ich dass es ziemlich beschwerlich zu laufen ist und stelle fest, dass aufgrund des lehmigen Bodens meine Schuhe ca. 5cm an Höhe und 1 Pfund an Gewicht zugelegt haben. Je näher ich dem Dorf komme, desto besser lässt sich ein Blick auf den Talkessel und die Ansammlung von Häusern werfen.

In Geldeme komme ich nach 2 Stunden an. Gleich an der Stelle, wo der Forstweg auf die Dorfstrasse einmündet steht ein Wegweiser. Doch Vorsicht. Dieser ist falsch angebracht worden und zeigt in die verkehrte Richtung. Das Schild nach Ovacik zeigt hier in die Richtung aus der ich gerade komme, also nach Yayla Kuzdere und das Schild nach Yayla Kuzere weist wiederum auf den Weg nach Asagikuzdere. Er müsste also um 90 Grad im Uhrzeigersinn gedreht werden damit es wieder stimmt. Ich gehe nach links und folge der Dorfstrasse vorbei an alten Häusern. Vor mir thront ein mächtiger Felsen, der mich an die Big Walls im Yosemite National Park erinnert. Überhaupt sieht die Landschaft hier ziemlich "amerikanisch" aus, wenn man das so sagen kann.

Am Weg liegt ein Teegarten, den ich ansteuere. Hier besorge ich mir erst mal was frisches zu trinken. Wasser, Cola Light und frisch gepressten Granatapfelsaft. Was für ein göttliches Getränk. An den Tischen hier sitzen einige Touristen, auch aus Deutschland. Viele starren mich neugierig an und fragen mich dann, was ich hier in der Gegend so mache mit solch riesigem Gepäck. Begeistert erzähle ich vom Lykischen Weg, der Landschaft, den Menschen. Und ich bin froh hier unterwegs zu sein, und nicht wie sie zu hunderten in Jeeps von Kemer bis hierher gekarrt zu werden um die Ruinen eines alten Kastells und die Höhle in der Nähe anzusehen. Es ist ein ständiges Kommen und Gehen hier und ich beschließe weiter zu ziehen. Ich frage nach Brot, doch das gibt’s hier nicht und so mache ich mich ans zahlen. Die Tochter des Besitzers will mir doch tatsächlich 5 Euro abknöpfen. Als ich anfange mich auf türkisch heftig zu beschweren klappt dem Mädchen verwundert die Kinnlade runter und sie holt ihren Vater. Mit dem verhandle ich eine Weile, bis er schmunzelt und ich schließlich 5 YTL zahle, also praktisch die Hälfte. Wär ja noch schöner, mich hier abzocken zu wollen. Ich schultere meinen Rucksack biege an der Moschee nach rechts und kaufe in einem Mini-Laden einen Laib Brot und weiter geht’s. Der Verkäufer wundert sich, als ich mit YTL bezahlen will. Offenbar wird hier aufgrund der zahlreichen Touristen der Euro schon als g&aum;ngiges Zahlungsmittel eingeführt.

Zunächst folge ich der Strasse für einige Meter und nach einer deutlichen Rechtskurve geht der Pfad nach links in den Wald hoch (WP: 36Hier links). Er ist schmal und führt stetig bergan. Zum Glück liegt er die meiste Zeit im Schatten, denn die Sonne brennt mittlerweile ganz schön stark herunter. Nach gut zwei Dritteln lege ich eine Pause auf einem großen Stein ein und verschnaufe erst mal.

Zu meinen Füßen liegt das schöne Tal rund um Gedelme und im Hintergrund rahmt das Tahtalı-Dağı-Massiv die Szenerie ein. Bis zur Teerstrasse nimmt die Steigung zu und durch den hier fehlenden Schatten komme ich gut ins Schwitzen. Der Strasse folge ich nach rechts, vorbei an einem Hochspannungsmast. Ich biege wieder nach rechts ab und erklimme einen Bergkamm. Danach liegt eine Ebene mit überwachsenem Farmland vor mir. Ein paar Drahtzäune müssen überklettert werden, doch das stellt keine Schwierigkeit dar. Ein paar trockene Silberdisteln säumen den Weg und hier ist es trotz der glühenden Sonne romantisch schön. Die große Eiche und auch die Hausruine sind gut zu erkennen. Schliesslich führt der Weg nach einem flachgelegten Zaun auf einen weiteren gut sichtbaren Forstweg. Ich folge diesem und schon bald arbeite ich mich, der Markierung folgend bergab durchs Gebüsch bis ich dann erneut auf eine weitere Forststraße treffe. Hier ist direkt vor mir auf einem am Boden liegenden großen Stein eine T-förmige und gut zu erkennende Wegmarkierung angebracht (WP: 40Hier links).

An sich führt mich mein Weg nach rechts, doch ich will den Wassertank, der sich hier in einigen hundert Metern Entfernung Richtung Ovacik befindet aufsuchen, da es hier eine Quelle geben soll. Gegen 13:15 Uhr bin ich am Wassertank angelangt (WP: 41Wassertank). Eigentlich sieht er eher aus wie ein Schwimmbecken und einige Frösche quaken und planschen fröhlich darin herum. Um die Quelle herum, die sich gegenüber dem Tank befindet ist ein Mäuerchen vorhanden auf das ich mich niederlasse. Hier ist der ideale Platz für eine Pause. Ich erfrische mich an dem kühlen Wasser, reinige meine staubigen Stiefel, wasche T-shirt und Piratentuch. Auch meine Füße sind für die Erfrischung sehr dankbar. Zum trocknen lege ich meine Sachen auf einen Busch, der direkt in der Sonne steht.

Bis auf ein paar Mandeln und Getränken habe ich heute noch nichts zu mir genommen, doch jetzt esse und trinke ich in aller Ruhe. Die Vögel zwitschern, ich sitze frisch gewaschen und gestärkt im Schatten und alles ist gut.

Gegen 14.30 Uhr breche ich wieder auf und gehe zurück zu der Stelle, wo ich vorhin von rechts aus dem Wald auf die Forststraße traf. Ich laufe gemütlich dahin und folge der Straße bergab. Schön zu laufen, vorbildlich markiert und wunderschöne Landschaft um mich herum. In Serpentinen arbeite ich mich langsam nach unten. Links unterhalb von mir ist ein Flusstal mit riesigen Felsbrocken. Es sieht sehr wild und abenteuerlich aus.

Nach etwa 1 Stunde wird der Weg immer beschwerlicher. Das Gelände ist sehr erosiv und oft ist der Hang fast weggebrochen oder von oben mit Gerölllawinen übersät. Häufig muss man an schmalen Tritten die Felsbrocken vorsichtig umgehen oder oben drüber klettern. Es wird jedenfalls nicht langweilig. An einer Stelle führt die Markierung links zum Fluss hinunter. Dieser wird überquert (WP: 44Flussquerung), was kein Problem darstellt, weil jetzt so gut wie kein Wasser vorhanden ist. Auf der anderen Flussseite müssen große Brocken überklettert werden, was mit dem Gepäck nicht immer ganz ohne ist. Dann weist die Markierung erneut über den Fluss zurück zum eigentlichen Weg. Bei wenig Wasser kann man diese paar zehn Meter auch direkt im Flussbett entlang laufen, doch diese Erkenntnis erschließt sich mir leider erst hinterher. Ich konnte ja nicht ahnen, wie der weitere Verlauf des Weges aussehen würde. Offensichtlich scheint dieser Umweg wohl erforderlich, weil der eigentliche Pfad oberhalb des Flusses wohl durch Geröll versperrt und somit unpassierbar ist. Zurück auf dem Wanderweg (WP: 46Hier weiter) geht es noch einige Male vorbei an wuchtigen Brocken oder direkt drüber weg. Bald kommt ein Fluss von rechts, der ebenfalls sehr wenig Wasser führt. So kann ich mir das Balancieren über einen als Brücke dienenden Baumstamm ersparen und gehe direkt durch Fluss und –bett auf die andere Seite.

Schon seit einer Weile überlege ich, wie weit ich heute laufen werde und wo ich übernachte. Als Option stehen entweder der Weg bis zur Roman Bridge oder hier in diesem wildromantischen Flusstal. Als ich ein Stück weiter vorne am anderen Ufer des Flusses einen idealen Zeltplatz erspähe ist die Entscheidung schnell getroffen. Zum Fluss runter gibt’s noch eine kleine Kletterpassage und dann über ein paar Steine ans andere Ufer.

Dieser Platz ist wirklich ideal (WP: 47Zeltplatz). Fließendes und glasklares Wasser direkt in Reichweite, ein grandioses Flusstal von Bergen eingerahmt, die auch im Yosemite Nationalpark stehen könnten und keiner Menschenseele weit und breit. So stelle ich mir das perfekte Outdoorerlebnis vor.

In aller Ruhe baue ich das Zelt auf, fülle den Ortlieb Wassersack am Fluss und installiere meine Dusche an einem der Bäume. Ich genieße es, unter der Brause zu stehen und meinem Körper die verdiente Erfrischung zu gönnen. An dem sonst steinigen Ufer gibt es zwei Stellen, die eben sind und mit Sand bedeckt: da wo mein Zelt steht und in meinem „Badezimmer“. Besser könnte man es gar nicht treffen. Auf einem großen Stein sitzend, gönne ich meinen Füßen anschließend noch ein Fußbad im Fluss. Zur Feier des Tages fahre ich alles auf, was ich noch zum Dinner aufbieten kann: Als Vorspeise eine Orange, danach Brot und Streichkäse, eine frische Gurke und Beef Jerkey’s Trockenfleisch, das hervorragend mundet. Hätte ich den Kocher dabei, würde ich noch einen Tee zubereiten. Aber es geht auch ohne. Frisches Wasser und ein paar Mandeln zum Nachtisch runden meine Mahlzeit ab.

All meinen Kram habe ich vorsichtshalber mal ins Zelt geräumt. Man weiss ja nicht, ob es heute Nacht wieder regnen wird. Gegen halb acht setzt die Dämmerung ein und taucht die wunderschöne Landschaft nach und nach in Dunkelheit. Bald schon gibt es nichts mehr zwischen mir und dem atemberaubenden Sternenhimmel. Dieses Funkeln, diese Schwärze, diese Größe ist einfach überwältigend. Das sind diese Momente, in denen man vollständig im Einklang mit der Natur und sich selbst ist. Himmel und Erde, miteinander verwoben. Teil des Ganzen zu sein, ehrfürchtig staunend und doch des eigenen Daseins bewusst. Überwältigt von der Schönheit der Schöpfung und dankbar dies zu erfahren sitze ich auf einem Stein und lasse mich treiben. Ich in der Welt und die Welt ist in mir.

Eine leichte Brise, die mich frösteln lässt bringt mich zurück zum hier und jetzt. Dies wird meine letzte Outdoor-Nacht für dieses Mal sein und so sauge ich all diese Eindrücke buchstäblich in mich auf. Langsam ziehe ich mich ins Zelt zurück und lese noch ein bisschen in meinem Buch bis mich irgendwann die Müdigkeit übermannt.


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Einleitung
1. Tag Antalya - Kaş
2. Tag Kaş - Ufakdere (Camp1)
3. Tag Ufakdere - Camp2
4. Tag Camp2 - Kılıçlı - Üçağız
5. Tag Üçağız
6. Tag Kılıçlı - Üçağız
7. Tag Üçağız - Demre - Adrasan
8. Tag Adrasan - Olympos - Çıralı
9. Tag Çıralı
10. Tag Çıralı - Ulupınar - Chimära - Çıralı
11. Tag Çıralı - Alanya
12. Tag Alanya - Ulupınar - Beycik
13. Tag Beycik - YaylaKuzdere
14. Tag YaylaKuzdere - Camp3
15. Tag Camp3 - Aslanbucak
 

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